Galileo: Shitstorm wegen Atlantik, Pazifik und „Hitler, kann das sein“?

Alexander Trust, den 8. August 2012
Shitstorm - Abbildung zum Thema
Shitstorm – Abbildung zum Thema

Die Überschrift gibt nicht ganz den Sachverhalt wieder. Ein Zuseher der ProSieben-„Wissenssendung“ Galileo hatte einmal die Faxen dicke und ließ seinem Frust auf der Fan-Page von Galileo freien Lauf.

Nach anderthalb Tagen soll der Beitrag über 70.000 Likes gehabt haben, und zudem über 7.000 Kommentare, von denen zumindest einige offenbar die Meinung von Max M. teilten.

Als dann die Web-Öffentlichkeit von dem Thema erfuhr, wurde es Max scheinbar zu bunt, er zog den Schwanz ein und veränderte sein Facebook-Profil, zumindest seinen Namen, und eventuell noch andere Dinge. Er hat zwar derzeit 443 Freunde und sein Profil zeigt für Außenstehende sehr sehr viele Informationen an, doch statt einfach die FB-Privatsphäre-Einstellungen zu verändern, wollte Max M. scheinbar jeden wissen lassen, welches Niveau man auf der evangelischen Privatschule in Hamburg, der Wichern-Schule unterrichtet. Zumindest zeigt sein Facebook-Profil diese Schule an, ob er sie tatsächlich besucht hat, kann man nicht mit Bestimmtheit sagen. Deutlich wird offenbar nur, dass hier jemand erst gehandelt und dann gedacht hat. Das passiert im Internet häufiger. Dass Max M. gar keine rechtliche Handhabe hat, um zum Beispiel Leuten zu untersagen, seinen vollständigen Namen zu schreiben, liegt daran, dass er selbst (bis vor 1, 2 Tagen) kein Geheimnis darum gemacht hat. Solange man ihn nicht beleidigt und nur Bericht erstattet, kann dummerweise auch der Name des jungen Mannes in der Öffentlichkeit genannt werden. Genau das tut Galileo derzeit; später mehr.

Max’ Kritik – der Ton

Die Reihenfolge in einem Text kann auch psychologische Wirkung haben, entsprechend das Schlechte zuerst. Max’ Kritik, die Galileo nicht so stehen lassen wollte, wurde gelöscht. Max bestellte Galileo unschöne Grüße, drohte damit, dass Sendegebäude in München Stein um Stein abreißen zu wollen, schrieb die Redaktion von Galileo als “asoziale, reiche Ärsche” an und tobte darüber, dass die Sendung zur Verdummung beitrage, man sie mit organisiertem Verbrechen an der geistigen Verfasstheit der Menschen gleichsetzen könne, und so fort. Dass Max dabei fast jedes dritte Worte orthographisch und teils auch grammatikalisch falsch formulierte, zeugt jedenfalls nicht davon, dass er es sehr viel besser machen könnte als Galileo.

Max’ Kritik – der Inhalt

Denn die Redaktion hatte in einer Sendung offenbar den Pazifik mit dem Atlantik verwechselt, und zumindest das wusste Max M. Entsprechend war dies der Stein des Anstoßes für ihn.

Unterstützung erfährt Max M. derzeit auch von Alexander Weck von den Netzpiloten. Der klärt außerdem darüber auf, dass die Wissenssendung schon mehrfach sachlich falsche Informationen vermittelte, so zum Beispiel die Ausrichtung einer Kompassnadel nach Norden damit erklärte, dass es am Nordpol ein magnetisches Eisenvorkommen gäbe. In einem anderen Beitrag soll Galileo den Mond einen Planeten genannt haben. Für Manche Wortklauberei, für andere wissenschaftlich nicht korrekt. Eigentlich gemeint war der Erdenmond. Bei der Bezeichnung Mond handelt es sich um einen eigenen Typus, in Abgrenzung zu z. B. Sternen, oder eben den Planeten. Monde umkreisen Planeten. Wer das gewusst hat, ohne es nachzuschlagen, war klüger als die Galileo-Redaktion. Blöd nur, wenn ein Wissensmagazin unsauber recherchiert und Leute die Information übernehmen. Das führt dann manchmal zu Streits oder vielleicht sogar zu falschen Antworten in einer Quiz-Show oder Prüfung. Wer weiß das schon. Denn Leute, die diese Dinge nicht wissen, die sagen dann ganz selbstverständlich: “Erzähl doch keinen Mist, das haben die im Fernsehen gesagt”, und weisen einen zurecht.
Kleiner Exkurs am Rande. So eine Falschinformation hat auch uns mal in die Bredouille gebracht. Denn wir hatten ein Gewinnspiel veranstaltet und nach einem Datum der Veröffentlichung von PlayStation Move gefragt. Dummerweise steht auf der offiziellen Seite von Sony Computer Entertainment ein falsches Datum. Das hat uns dann den Zorn der Leser eingebracht und kein Wikipedia-Admin der Welt würde uns das richtige Datum eintragen lassen, weil es ja auf der Sony-Homepage anders steht. Immer noch, auch wenn wir Sony bereits baten, das zu korrigieren. Die Leute fanden “uns” in dem Moment dann anmaßend, weil wir uns “einbildeten” besser Bescheid zu wissen als Sony selbst. – Genau solche Situationen provozieren aber Falschbeiträge von Galileo gleichermaßen.

Galileo nicht der Recherche fähig

Galileo hat, wie erwähnt, den Kommentar von Max M. gelöscht und aber eine Stellungnahme veröffentlicht. Darin wird Max M. mit seinem vollem Namen genannt – tja Max, selbst Schuld. Doch so bitter das für den Jugendlichen sein mag. Gerade in der Replik auf seine zugegeben sehr im Ton vergriffene Kritik zeigt Galileo direkt wieder, dass Recherche nicht zu den Stärken des Wissensmagazins und seiner Redaktion bzw. seiner Social-Media-Manager gehört.

Denn Galileo hat sich offenbar auch auf dem Profil von Max M. umgesehen, und zitiert Informationen von dort wie folgt:

“Und wir ärgern uns, wenn Menschen wie Max M(…, d. Red.), die in ihrer Chronik Sätze wie ‘Hitler, kann das sein?’ auf die Frage ‘Beste Erfindung aller Zeiten?’ schreiben, uns unter anderem als ‘asoziale Ärsche’ beschimpfen.”
Galileo @ Facebook

Wer sich das Profil von Max M. anschaut, der kann diese Information natürlich dort finden. Allerdings ist “Hitler, kann das sein?” keine ernstgemeinte Antwort, sondern eine eigene Facebook-Seite, die satirische Inhalte postet, ähnlich wie 9gag und andere und immerhin auch schon über 55.000 Likes erfahren hat. Hätte der Social-Media-Manager von Galileo/ProSieben einmal mit dem Mauszeiger über der “Antwort” auf die Frage: Was sei die beste Erfindung der Welt gefahren, hätte er sehen können, dass es sich dabei nicht um eine bloße Antwort, sondern eine Verlinkung zu einer Community-Page handelt.

Max M. hat sicher den Fehler gemacht, sich im Ton zu vergreifen und erst zu schreiben und dann zu denken, vielleicht war er auch in irgendeiner Form intoxikiert, als er den Wut-Kommentar schrieb, man weiß es nicht. Nun zeigt aber die Reaktion von Galileo, dass Max mit seiner Kritik im Grunde Recht hatte. Beim Sender und der Redaktion wird aber wohl keine Einsicht stattfinden, denn die verwiesen bereits auf die nächste Ausgabe ihrer Infotainment-Formates und machten Werbung in eigener Sache für 1,2 Millionen Facebook-Fans, die scheinbar nicht irren können. Dass es nur (noch) 1.191.633 sind, ist sicherlich einem Rundungsfehler zuzuschreiben.

Ich würde mir, ähnlich wie mein Namensvetter Alexander Weck von den Netzpiloten, wünschen, dass dieses Thema nicht so schnell zu den Akten gelegt würde. Wenn in einer Krimi-Serie, die offenkundig Fiktion ist, Sachverhalte nicht wissenschaftlich korrekt dargestellt werden, ist das jedem klar. Zumindest stellt niemand die Anforderung an so ein Fiction-Format, wissenschaftlich korrekt zu sein. Aber ein Wissensmagazin übernimmt – ob es will oder nicht – einen Bildungsauftrag. Dem wird ProSieben in diesem Fall dann regelmäßig nicht gerecht.


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